Der Spaziergang

Das Wochenende war echt hart: Viele Partys und viel, viel Alkohol. Es war furchtbar, dass schon alles vorbei war. Um meine Körperkräfte wieder aufzutanken, entschloss ich mich zu einem ruhigen Spaziergang quer durch die Stadt. Nichts und niemand sollte mich dabei stören. Von den Promille-Resten vernebelt, von der Sonne geblendet, trat ich auf die Strasse. In welche Richtung sollte ich gehen? Links standen einige Bauarbeiter, also ging ich nach rechts. Ich fragte mich gerade, was die hier so tun, da folgte die überraschende Antwort. Drei Mann zogen mich aus der Baugrube wieder raus. Ich bedankte mich, obwohl sie die Ärmel meines neuen Kaschmir-Pullovers abgerissen hatten. Egal, ich wollte keinen Ärger, nur Ruhe und Entspannung. Nach dem Regen der vergangenen Tage schien endlich wieder die Sonne. Es war ein großartiger Anblick wie sie sich in einer riesigen Pfütze spiegelte.

Plötzlich sah ich diesen Brummi, die Pfütze war leer und hing in meinem Pullover. Es war schon toll, was der für Wassermassen aufsaugen konnte! Das Leben war schwer genug und nun verdoppelte die Jauche auch noch mein Körpergewicht! Mit schwerem Schritt erreichte ich schließlich die City. Die Menschen waren wie immer hektisch und aufgeregt. Selbst an der Fußgängerampel hatte niemand Zeit. Eilig liefen alle bei rot rüber. Ruhig und entspannt folgte ich ihnen. Die Menschen die mich sahen, staunten. Der Fahrer im Bus sah mich zwar nicht, staunte dann aber auch. Noch nie hatte er einen Menschen so weit durch die Luft fliegen gesehen.

Nachdem sie mich aus dem Rosenbeet raus gesägte hatten, humpelte ich nach hause. In dieser Phase innerer Einkehr und Brüche sah ich nochmals all das Chaos auf den Strassen. Kinder rannten. Skater umkurvten Rentner. Ein Fahrradfahrer rauschte knapp am Kinderwagen vorbei, um direkt vor meinem Haus auf mich zu treffen. Es wäre nur halb so schlimm gewesen, hätte er nicht diese Zeltstange unterm Arm getragen. Ich musste an diesem Tag wirklich viel einstecken und nun blieb auch noch etwas hängen.

Der Spaziergang wurde jetzt zum Kriechgang. Mit letzter Kraft schleppte ich mich in meine Wohnung. Ich legte mich in stabile Seitenlage, machte den Fernseher an und sah: Pfoffi, Jürgen Drews und den „Musikantenstadl“. Da wurde mir eines klar: Ich brauchte mehr! Ich brauchte die ewige Ruhe! Also zog ich mich wieder an für einen kleinen, ruhigen Spaziergang…